
24.04.2025
Perspektive ab 2028: Was passiert, wenn der Glücksspielstaatsvertrag scheitert?
Deutschland hat ein Glücksspielgesetz, das alles regeln soll und gleichzeitig ständig neu verhandelt werden muss. Der Glücksspielstaatsvertrag, kurz GlüStV, gilt seit 2021 und stellt die Spielregeln für Online-Casinos, virtuelle Automatenspiele, Sportwetten & Co auf bundesweite Füße. Er ist das Ergebnis eines politischen Kompromisses: Alle Länder unterzeichnen, alle halten sich daran. Zumindest theoretisch.
Reguliert wird seither zentral. Wer in Deutschland online zocken möchte, muss auf lizenzierte Anbieter setzen, die sich an enge Vorgaben halten. Die GGL (Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder) wacht über Einhaltung, Transparenz und Spielerschutz.
Dazu zählen unter anderem:
- ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Spieler
- das zentrale Sperrsystem OASIS, mit dem sich Nutzer freiwillig oder per Fremdsperre ausschließen lassen können
- fünf Sekunden Pflichtpausen bei Automatenspielen
- Einschränkungen bei Werbung, Bonusangeboten und Spieldesign
- eine stark begrenzte Auswahl an Spielformen (Tischspiele wie Blackjack sind nur mit Sonderlizenz erlaubt)
Das klingt ambitioniert, durchdacht und doch: Die Umsetzung wirkt vielerorts wie ein Fremdkörper. Der rechtliche Rahmen ist zwar da, aber in der Praxis läuft vieles schleppend. Nutzer erleben komplizierte Anmeldungen, eingeschränkte Spielfunktionen und eine teils frustrierende Nutzeroberfläche.
Anbieter wiederum stoßen bei der Umsetzung der Regeln auf technische, wirtschaftliche und emotionale Hürden. Das Ziel, die sogenannte Kanalisierung, also das Lenken der Spieler auf legale Angebote, gelingt nur bedingt.
Was sich gerade entwickelt, ist ein Spannungsfeld: zwischen Kontrolle und Attraktivität, Schutz und Marktlogik, Regulierung und Realität.
Warum 2026 und 2028 entscheidend sind
Wie bereits oben erwähnt, der GlüStV ist kein starres Gebilde, sondern ein Gesetz und damit veränderbar. Es kann durch politische Einigung angepasst oder erweitert werden. Gleichzeitig steht es unter Beobachtung der Rechtsprechung.
Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof können über zentrale Regelungen urteilen, wenn Klagen von Anbietern oder Betroffenen eingehen. Der Vertrag ist also alles andere als in Stein gemeißelt.
Hinzu kommt: Der Vertrag enthält eine eingebaute Sollbruchstelle. 2026 ist eine umfassende Evaluierung vorgesehen. Dabei wird geprüft, wie gut der GlüStV funktioniert – ob die Maßnahmen Wirkung zeigen, die Ziele erreicht werden und der Markt unter Kontrolle bleibt. Es geht um konkrete Fragen: Wie hoch ist die Kanalisierungsquote? Werden problematische Spielverhalten früh erkannt? Wie wirtschaftlich tragfähig sind die Bedingungen für lizenzierte Anbieter? Und vor allem: Halten Spieler sich überhaupt an die legale Infrastruktur?
Diese Evaluierung ist kein kosmetischer Akt, sondern die Grundlage für das, was danach kommt. Denn 2028 endet der aktuelle Vertrag und muss von allen 16 Bundesländern neu unterzeichnet werden. Eine einfache Verlängerung ist nicht vorgesehen. Im Klartext: Fehlt nur eine einzige Unterschrift, fällt der Vertrag als Ganzes.
Dass dieses Risiko nicht nur theoretisch existiert, zeigt ein Blick nach Hessen. Dort wurde bereits öffentlich darüber nachgedacht, ob ein Alleingang sinnvoll sein könnte. Hintergrund: Die Regeln des GlüStV werden in Hessen als zu starr, zu praxisfern angesehen. Wenn sich daran nichts ändert, könnte Hessen als erstes Bundesland ausscheren. Wie einst Schleswig-Holstein, das vor 2021 eigene Online-Casino-Lizenzen vergab. Ein solcher Schritt würde die bundesweite Einheit beenden und den Weg frei machen für eine Rückkehr zum föderalen Flickwerk.
Noch bleibt Zeit, diese Entwicklungen politisch aufzufangen. Doch der Druck wächst – von der Branche, von den Spielenden und von der Realität eines Markts, der längst nicht mehr auf Länderebene funktioniert.
Ein Fallbeispiel: legal, konform – und im Schatten der Konkurrenz!
Regelkonform, transparent und zu 100 % auf Linie – das bietet zum Beispiel Jokerstar. Als einer der Anbieter mit offizieller deutscher Lizenz erfüllt die Plattform alles, was der Glücksspielstaatsvertrag verlangt.
Und das bedeutet einiges: Ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro, keine progressiven Jackpots, Teilnahme am zentralen Sperrsystem OASIS (hier können sich Spieler auch selber sperren), Spielunterbrechungen, klare Altersverifikation, strikte Werberichtlinien. Wer sich dort anmeldet, bekommt legales Glücksspiel – aber auch die komplette Regulatorik serviert.
Jokerstar ist damit ein Paradebeispiel für die Praxis der Regulierung. Ein Anbieter, der sich an alle Vorgaben hält und zeigt, wie ein rechtskonformes Angebot aussieht. Nur: So richtig rund läuft es dabei nicht. Denn die Konkurrenz aus dem Ausland agiert unter ganz anderen Voraussetzungen – mit freierem Spielangebot, weniger Kontrolle, mehr Freiheit bei Boni und Werbeaktionen.
Der Unterschied ist spürbar. Während Jokerstar auf Sicherheit und Compliance setzt, wirken umstrittene Plattformen mit Sitz auf Malta oder Curaçao wie das bunte Gegenteil: unreguliert, aber verlockend. Wer sich dort registriert, erlebt oft ein schnelleres, einfacheres Spiel – ohne Limitdeckel, Pausen oder Lizenzauflagen. Was fehlt, ist der Schutz. Was bleibt, ist der Reiz.
Das stellt regulierte Anbieter vor ein Dilemma. Sie halten sich bei Sportwetten, iGaming & Co an Regeln, die Spieler eigentlich schützen sollen – und verlieren genau deshalb Nutzer. Der Markt reagiert wie ein Trichter: Je enger die Regulierung, desto mehr fließt nach außen ab. Jokerstar steht dabei stellvertretend für eine ganze Branche, die zwischen staatlichem Anspruch und realen Marktbedingungen zerrieben wird.
Was bedeutet das? Selbst legale Angebote werden unattraktiv, wenn der gesetzliche Rahmen ihre Funktionsfähigkeit deutlich einschränkt. Nutzer springen nicht ab, weil sie illegale Angebote bevorzugen, sondern weil sie dort weniger Reibung, mehr Vielfalt und größere Spielräume vorfinden. Das Ziel der Kanalisierung verfehlt sich damit selbst.
Im Worst Case wird genau das System geschwächt, das eigentlich gestärkt werden soll. Wer mit angezogener Handbremse fahren muss, verliert das Rennen, auch wenn er auf der richtigen Spur ist.
Diese interessante Dokumentation vertieft das Thema der agierenden Glücksspiel-Mafia in Deutschland:
Regulierung und Nutzerverhalten müssen in Einklang gebracht werden

Regulierung funktioniert nur, wenn sie auch bei den Menschen ankommt, die sie betreffen. Und genau hier beginnt das Dilemma im Online-Glücksspiel: Der Glücksspielstaatsvertrag mag aus Sicht der Politik ein Fortschritt sein, aus Sicht vieler Spieler ist er vor allem eines: mühsam.
Einzahlungslimit, Registrierung mit Ausweis, Spielpausen, keine Boni – all das soll schützen, wirkt in der Praxis aber häufig wie eine Kette aus Hürden. Wer sich einmal durch die vollständige Anmeldung bei einem legalen Anbieter geklickt hat, merkt schnell, dass es sich nicht wie ein freier Abend mit Spiel und Spannung anfühlt, sondern wie eine verpflichtende Sitzung beim Amt.
Vor allem jüngere Zielgruppen, die an Mobile Banking, Sofort-Streaming und intuitive Apps gewöhnt sind, reagieren darauf empfindlich. Die Hemmschwelle, bei einem ausländischen Anbieter zu spielen, ist heute denkbar niedrig. Oft reicht eine Google-Suche. Die Webseite ist auf Deutsch, das Design modern, das Bonusangebot groß, die Anmeldung in 30 Sekunden erledigt.
Diejenigen, die eigentlich geschützt werden sollen, kehren dem legalen System den Rücken. Nicht, weil sie per se Regeln ablehnen, sondern weil das Spielerlebnis zu technisch, zu bürokratisch und zu unflexibel wirkt.
Regelungen wie das 1.000-Euro-Limit greifen dabei nicht passend. Während für einige Spielende dieser Betrag hoch genug ist, um nie erreicht zu werden, fühlen sich andere, zum Beispiel Vielspieler mit hohem Einkommen, überreguliert. Wer sich stark eingeschränkt fühlt, neigt zur Umgehung. Und genau das passiert im Moment: Die Regulierungslogik der analogen Welt kollidiert mit der digitalen Spielrealität.
Hinzu kommt: Selbstsperren funktionieren nur, wenn sie intuitiv bedienbar und im Ernstfall sofort wirksam sind. Spielpausen haben nur dann eine Wirkung, wenn sie nicht durch Plattformwechsel ausgehebelt werden. Wer auf legale Anbieter setzt, bekommt Schutz. Wer das nicht tut, fällt durchs Raster. Die Technik macht’s möglich.
Was fehlt, ist ein flexiblerer, intelligenterer Spielerschutz. Denkbar wären Systeme, die auf Verhalten reagieren, anstatt pauschal zu limitieren. KI-basierte Risikobewertungen, flexible Einzahlungskorridore oder spielerfreundliche UX-Konzepte könnten viel ausrichten, ohne auf Sicherheit zu verzichten.
Solange sich Regulierer an einem Idealbild von Spielenden orientieren, das es so nicht gibt, bleibt der GlüStV eine gute Idee mit schwacher Umsetzung. Und das ist brandgefährlich: Denn nichts untergräbt ein Gesetz so sehr wie seine praktische Wirkungslosigkeit.
Wenn der Vertrag fällt: Föderale Rückschritte, Kontrollverlust und illegale Märkte
Was passiert, wenn der Glücksspielstaatsvertrag 2028 nicht verlängert wird? Ganz einfach: Er tritt außer Kraft. Und mit ihm verschwindet der rechtliche Rahmen, der aktuell für Ordnung sorgt. Die Verantwortung würde zurück an die Länder gehen. Jedes einzelne Bundesland müsste dann eigene Regeln schaffen. Willkommen zurück im Glücksspiel-Flickenteppich!
Einige Länder könnten ein eigenes Lizenzsystem einführen, andere möglicherweise alles verbieten oder die Tür für stationäre Anbieter weiter öffnen. Es gäbe keine einheitlichen Sperrmechanismen, keine gemeinsame Aufsicht, keine zentrale Plattform zur Registrierung. Anbieter müssten sich auf verschiedene Regelungen einstellen, Rechtssicherheit gäbe es kaum noch.
Noch kritischer wäre ein regulatorisches Vakuum, also ein Zustand, in dem kein neuer Vertrag zustande kommt und keine Übergangslösungen greifen. Dann wären legale Anbieter blockiert, während illegale Anbieter ungehindert operieren könnten. Schon jetzt ist der Schwarzmarkt sehr aktiv, ohne Gegenwind jedoch würde er zur dominanten Realität werden.
Die konkreten Risiken eines regulatorischen Vakuums lassen sich klar benennen:
- Fehlende Limits: Spieler könnten unbegrenzt einzahlen und verlieren, ohne Mechanismen zur Eigenkontrolle.
- Keine zentrale Sperrdatei: Wer sich selbst schützen möchte, hätte keine Möglichkeit dazu.
- Wildes Bonus-Marketing: Lockangebote ohne rechtliche Grenze, besonders gefährlich für suchtgefährdete Personen.
- Rechtlosigkeit bei Streitfällen: Kein Ansprechpartner, keine Verbraucherschlichtung, kein Rückhalt durch deutsche Behörden.
- Anbieter außerhalb der EU: Plattformen mit zweifelhafter Seriosität könnten den Markt überrollen.
- Massiver Kontrollverlust: Keine Steuerabführung, keine Lizenzpflicht, keine Datenüberwachung.
Spielerschutz findet nur noch auf dem Papier statt. Plattformen ohne Lizenz gewinnen Reichweite, während die kontrollierte Seite ausgedünnt wird. Der Markt kippt nicht durch bewusste Entscheidung, sondern durch politische Lähmung.
Bildquellen: oben: Lee Thomas – unsplash.com
unten: Nathan Trampe – unsplash.com