
13.05.2025
Interview zu „Trusted Partner“ mit Christian Heins von Tipico
Im April startete Tipico eine Qualitätsinitiative für Spielehersteller. Ziel dieser „Trusted Partner“-Initiative ist es Spielehersteller zu unterstützen, die sich freiwillig dazu verpflichten niemanden zu beliefern, der in Deutschland illegale Glücksspiel-Webseiten betreibt. Im Interview mit games & business stellt Christian Heins (Foto), Director of iGaming bei Tipico, das Projekt vor und spricht über Perspektiven.
Was ist die „Trusted Partner“-Initiative?
Um die Frage zu beantworten, möchte ich etwas ausholen: In Gesprächen mit Kollegen aus der Industrie hörte ich oft dieselben Geschichten – die Steuern sind zu hoch, die Produkt- und Werbebeschränkungen zu weitreichend, und die Vollzugsmaßnahmen gegen den Schwarzmarkt unzureichend. Das alles ist korrekt, aber diese Entscheidungen liegen nicht in meinem Verantwortungsbereich. Also haben wir darüber nachgedacht, was die Industrie tun könnte, um die GGL zu unterstützen und dem gesamten Prozess, einen gesunden Markt zu schaffen, mehr Dynamik zu verleihen. Die „Trusted Partner“-Initiative ist ein Ergebnis dieses Denkprozesses.
Die Ausgangssituation war, dass fast alle virtuellen Automatenspiele sowohl im lizenzierten als auch im nicht-lizenzierten Markt verfügbar waren. Dabei waren die Versionen für den legalen Markt oft wenig attraktiv und fanden deutlich weniger Kunden. Die Idee des „Trusted Partner Modells“ war es nun, positive Anreize zu schaffen, um unsere Spiele-Lieferanten davon abzuhalten, auch den Schwarzmarkt zu beliefern.
Wie sieht das genau aus?
Wir haben unser Angebot so formuliert: Wenn der Spiele-Anbieter die Belieferung des Schwarzmarktes einstellt, wird er unser „Trusted Partner“. Im Gegenzug bündeln wir unsere gesamte Marketingkraft dafür, diese „Trusted Partner“-Spiele zu bewerben. Nachdem wir der mit Abstand größte legale Anbieter im Bereich der virtuellen Automatenspiele in Deutschland sind, ist dieses Angebot für die Anbieter sehr attraktiv. Das zeigen auch die Zahlen, die wir nach Programmbeginn sehen können – auch, wenn für uns natürlich Kosten entstehen. Denn es geht nicht spurlos an uns vorbei, wenn wir beliebte Spiele nicht mehr bewerben und dadurch einige Kunden andere Anbieter suchen, die diese Spiele weiterhin offensiv mit Freispielen bewerben.
Welche Wirkung erhoffen Sie sich?
Ich bin überzeugt, dass dieses Programm eine Sogwirkung entfalten wird. Diese Wirkung wird mit jedem neuen Teilnehmer stärker und so wird der Druck auf Schwarzmarkt-Lieferanten erhöht und letztlich auch der Schwarzmarkt selbst unter Druck gesetzt. Ich gehe daher davon aus, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten noch weitere Spieleanbieter uns anschließen werden. Tatsächlich befinden wir uns bereits in fortgeschrittenen Gesprächen mit mindestens vier weiteren Anbietern. Man darf nicht vergessen: Während die Steuereinnahmen im legalen Markt in den letzten drei Jahren dramatisch gesunken sind, floriert der Schwarzmarkt. Es geht hier nicht nur um Steuerhinterziehung und Geldwäsche, sondern auch um die Förderung und Durchführung von illegalem Glücksspiel. Es handelt sich dabei nicht um Kavaliersdelikte.
Welche Partner sind schon mit an Bord? War es schwer diese Partner zu überzeugen?
Insgesamt haben bisher 8 von 19 Spiele-Lieferanten unseren Code of Conduct unterschrieben und sich das Trust Seal verdient: Play’n GO, Merkur / EDICT, Novomatic / Greentube, Hölle Games, Apparat Gaming, ZEAL Instant Games, Games Global und Synot. Mit diesen Partnern haben wir relativ schnell eine gemeinsame Linie gefunden. Zudem gibt es regelmäßige gemeinsame Treffen, um diese Initiative weiterzuentwickeln. Es soll sich eine Systemhygiene entwickeln, bei der die Anbieter auch gegenseitig auf die Einhaltung der gemeinsamen Regeln aus dem Code of Conduct achten.
Ich würde die Spieleanbieter in drei verschiedene Kategorien unterteilen: In der ersten Kategorie finden sich diejenigen, die seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 bewusst den Schwarzmarkt in Deutschland nicht beliefern. Die zweite Kategorie bilden Anbieter, die die Öffnung des Marktes als unternehmerische Chance gesehen und Studios gegründet haben, um diesen Markt zu bedienen. Aufgrund der schwierigen Marktbedingungen und des schwierigen Genehmigungsprozesses für Spiele sehen sie sich aus existenziellen Gründen oft gezwungen, den Schwarzmarkt zu beliefern – meist über sogenannte Aggregatoren. Und in der dritten Kategorie befinden sich Anbieter, die im Schwarzmarkt groß geworden sind. Diese Kategorie reagiert meist nur auf Druck, und oft erst, wenn hohe Strafen drohen. Je nach Kategorie ist es also einfacher oder schwieriger, einen Spiele-Lieferanten zu überzeugen.
Gibt es Pläne das Konzept auch über die Anbieter und Entwickler von virtuellem Automatenspiel hinaus auszuweiten?
Ja, sie sind der nächste logische Schritt. Denn der Schwarzmarkt ist stark und das liegt an einigen Faktoren: Einen bisher schwachen Strafvollzug in Deutschland, Zahlungsdienstleister, die mit hohen Risikoaufschlägen Profit machen, Medien, die weiterhin illegale Werbung für Schwarzmarkt-Angebote zulassen. Dieses Problem betrifft neben Suchmaschinen auch soziale Netzwerke, Apps und Content-Plattformen. Im nächsten Schritt werden wir uns daher Zahlungsdienstleistern zuwenden und ihnen unseren Code of Conduct sowie das „Trusted Partner“-Siegel anbieten. In weiterer Folge werden wir auch mit Medien- und Werbeplattformen in Kontakt treten.
Wir laden alle ein, unserem Beispiel zu folgen. Als aktives Unternehmen in diesem noch jungen regulierten Markt in Deutschland sehen wir es als unsere Aufgabe, aktiv an der Marktentwicklung mitzuwirken – und genau das tun wir. Wir wünschen uns einen sauberen, nachhaltigen Markt, der den Verbraucherschutz, den Datenschutz sowie den Jugendschutz fördert und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in legale Bahnen lenkt. Die wirksamste Möglichkeit, den Schwarzmarkt zu bekämpfen, ist ein für die Konsumenten attraktiver legaler Markt. Vor diesem Hintergrund müssen wir auch die Produkt- und Werbebeschränkungen kritisch hinterfragen. Denn diese stehen aktuell der Kanalisierung entgegen und auch die Besteuerung des Einsatzes stellt eine fiskalische Fehlkonstruktion dar, die letztlich zu Lasten der Spieler geht und im Widerspruch zu den Best Practices der meisten regulierten Glücksspielmärkte weltweit steht.
Bild: Christian Heins, Director of iGaming © Tipico