Stefan Dreizehnter

Berliner Luft

Alle zwei Jahre wählen die Spitzenverbände der Automatenwirtschaft ihre Vorstände. Wenn sie sich dafür in Berlin treffen, liegt naturgemäß immer eine Stimmung von Bilanz einerseits und Ausblick andererseits in der Luft. Es ist eine Phase der Orientierung. 

Das war auch diesmal nicht anders, als Anfang des Monats die Mitgliederversammlungen in der Bundeshauptstadt waren. Und die Schwingungen beim abschließenden Sommerfest der Automatenwirtschaft sind dann so eine Art Gradmesser für die politische Großwetterlage, in der sich die Branche befindet. Dabei den Finger in die Berliner Luft zu halten und Stimmungen einzufangen, ist schon deswegen unerlässlich, weil die Gremien in Sachen Transparenz schon mal deutlich durchlässiger waren. 

Geht es nach diesen Stimmungen, dann herrscht derzeit ein verhaltener Optimismus, dass sich die Dinge zumindest partiell zum Besseren wenden könnten. Nicht ganz unschuldig ist daran der Regierungswechsel, der Unternehmen ganz generell mehr Beinfreiheit verspricht – aber auch mehr Verantwortung verlangt. Beides wird begrüßt und hebt die Laune. 

Beim speziellen Blick auf die Branche liegen die Dinge komplexer. Zwei Themen, die unmittelbar miteinander zusammenhängen, beherrschen die Debatte: Erstens das illegale Spiel, dessen wachsender und bedrohlicher Erfolg darin begründet ist, dass das legale Spiel einfach kein marktgerechtes Angebot mehr darstellt. Die Menschen wollen anders spielen, als der Gesetzgeber dies zulässt. Und daraus folgt eigentlich zwingend zweitens, dass wir für das legale Spiel neue Regeln brauchen, die das Ineinandergreifen von Spielerschutz und Spielspaß neu definieren. Und dafür braucht man eine Veränderung in der Spielverordnung. Ist dieser Zusammenhang bei der Politik verstanden, ist die Botschaft angekommen und wird daraus konkrete Politik? 

Geht man nach dem politischen Keynote- Speaker beim Sommerfest der Automatenwirtschaft, dem Vorsitzenden und Fraktionsführer der der CDU in Mecklenburg-Vorpommern Daniel Peters, dann lautet die Antwort darauf eindeutig „Ja”. Er sprach offen davon, dass mit Blick auf das wachsende illegale Spiel die ehemals restriktive Haltung seiner Partei gegen das legale Spiel ein Fehler gewesen sei. Dieser Fehler wurde gemacht, als die CDU in „Meck-Pomm” noch Koalitionspartner war. Man müsse das korrigieren. Okay – aus der Opposition heraus lässt sich sowas leicht sagen. Aber es ist selten in der Politik, dass Fehler so reflektiert eingestanden werden. 

Ob das ein Zeichen für das beim VDAI geäußerte „Gefühl” ist, „dass sich da draußen etwas ändert”? Solange das noch keine konkrete Politik ist, lässt sich dazu ganz schwer was sagen und offenbar mehr kaputt machen als heil. Deswegen schalten in den Spitzenverbänden alle auf den „Rohes Ei-Modus”, wenn man nach der Spielverordnung, deren Evaluierung und möglichen Änderungen fragt. Dass dieser Evaluierungsbericht jetzt endlich auf den Weg durch die Instanzen geschickt wurde, ist das Äußerste, was zu erfahren ist. 

Immerhin: Die Stimmung bei den Spitzenverbänden vermittelte ganz eindeutig eine neue Lust auf das Gestalten. Das ist nicht unbedingt ein Zeichen für sich ausbreitende Tristesse. Damit verströmte die Berliner Luft schon auch den tollen Duft von Perspektive. Aber wie gesagt: Die Messmethode ist der Finger in der Luft. 

Stefan Dreizehnter

Chefredakteur games & business
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