Schneider-Infotag: „Politik nicht Herr der Lage“

„Man hat den Eindruck, die Politik ist nicht Herr der Lage.“ Klare Worte von Jennifer Broocks, Länderbeauftragte des Dachverbands Die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) für Hamburg, beim Online-Infotag „Politische Lage in der Branche“ von Schneider Automaten am 9. Juli. Nachvollziehbar war diese Aussage aber allemal. In der Hansestadt explodiert das illegale Spiel geradezu. Broocks äußerte sich zusammen mit den DAW-Länderbeauftragten Nico Ernstberger (Nordrhein-Westfalen) und Maximilian Fiel (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland). Sie teilte die Einschätzung von Moderator Christian Thele, Referent der Geschäftsführung und Produktmanager bei Schneider Automaten, dass es in Hamburg eine „Überregulierung“ für das legale Spielangebot gibt. In den vergangenen gut zehn Jahren habe sich die Zahl der Spielhallen in Hamburg mehr als halbiert, berichtete Broocks. Habe es 2012 noch 265 Spielhallen gegeben, so seien es jetzt nur noch 124. Pro Konzession sind in Hamburg nur acht Geräte gestattet. Das decke den Bedarf derjenigen, die spielen wollten, nicht mehr ab.

Hamburg: 3.000 illegale Geräte, 180 Millionen Euro Jahresumsatz

Ergo sei das illegale Spiel in die Höhe geschossen. 3.000 illegale Geräte gebe es derzeit schätzungsweise in Hamburg. Den Jahresumsatz – bei einem angenommenen Monatsumsatz von 5.000 Euro pro Gerät – bezifferte Broocks auf 180 Millionen. Aber auch aus den anderen Bundesländern gab es besorgniserregende Zahlen. Wenn das Spielhallengesetz in Baden-Württemberg so umgesetzt werde wie im Entwurf dargestellt, sei die „Spielhallenlandschaft eigentlich tot“, sagte Maximilian Fiel. Habe es einmal 1.600 Spielhallen in BaWü gegeben, blieben nach dem aktuellen Gesetzentwurf gerade einmal 300 bis 400 Hallen übrig. „Das ist eine Katastrophe.“ Selbst in Nordrhein-Westfalen, das eine an Qualität orientierte und verhältnismäßig „liberale“ Regulierung des legalen Spielangebots habe, sei die Zahl der Spielhallen seit 2017 um 30 Prozent gesunken, gab Nico Ernstberger zu bedenken.

Politik scheint Problem erkannt zu haben

Immerhin waren sich alle drei Länderbeauftragten einig in ihrer Einschätzung: „Die Problematik des illegalen Spiels ist bei der Politik angekommen.“ Allerdings sei es noch ein weiter Weg bis zu einer spürbaren Veränderung der Verhältnisse. Selbst wenn die Polizei in Hamburg gegen das illegale Spiel vorgehe, werde das illegale Spielangebot „gefühlt immer mehr“. Und: Die Staatsanwaltschaft in Hamburg stelle viele Verfahren wieder ein, sagte Broocks. Den Vollzug gegenüber dem illegalen Spiel zu verschärfen, sei nur ein erster Schritt, betonte Fiel. Noch viel wichtiger sei, dass in einem zweiten Schritt das legale Spiel wieder attraktiver gemacht und dadurch gestärkt werden müsse.

Appell an Unternehmer

Ernstberger verwies darauf, dass es nicht leicht sei, mit Politikern zum Thema Glücksspiel ins Gespräch zu kommen. „Alle Parteien brauchen dieses Thema nicht unbedingt.“ Ein Grund hierfür liege auch darin, dass dieses Themenfeld für viele Politiker recht unbekannt sei, erläuterte Broocks. Deshalb müssten alle in den Branchenverbänden organisierten Unternehmer das Gespräch mit der Politik suchen, bereits vor Ort auf kommunaler Ebene Aufklärungsarbeit leisten, forderte Ernstberger. „Jeder muss sich an der Basis engagieren, das muss für alle gelten.“

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Foto: Moderator Christian Thele (l.) mit Nico Ernstberger und Jennifer Broocks im Merkur-On-Air-Studio in Lübbecke. Maximilian Fiel war aus Stuttgart zugeschaltet.