Buchvorstellung in Berlin: „Der Mensch, das Spiel und der Zufall“

Was steckt dahinter, wenn der Staat in die individuelle Freiheit der Menschen beim Glücksspiel eingreift und warum macht er das überhaupt? Antworten darauf gaben Dr. Daniel Henzgen (Foto r.) und Dominik Meier (M.) am 19. Mai im Quadriga Café in Berlin zur Vorstellung ihres Buches „Der Mensch, das Spiel und der Zufall“ vor rund 40 Gästen aus Politik, Medien und Public Affairs. Sie beleuchten in ihrem Buch nicht nur Wesen und Faszination des Gewinnspiels um Einsatz und Zufall über alle Kulturen und Epochen hinweg, sondern auch, wie sich Staat und Gesellschaft dazu verhalten. Und wie viel Freiheit, Autonomie und Mündigkeit dabei dem Individuum zugestanden wird. Passend dazu gab es von den Autoren an diesem Abend Einblicke und Anekdoten aus den Bereichen Ökonomie, Philosophie, Geschichte, Stochastik und Spieltheorie. Lesung und Autorengespräch wurden zusätzlich von einer Ausstellung flankiert, die die Buchthemen auch visuell aufgriff. Moderator der Veranstaltung war Tobias Schmidt (l.) von der Fachzeitschrift „Politik & Kommunikation“.

Spiel als Herausforderung für Herrschaftsformen

Das Spiel mit dem Zufall habe immer schon Macht- und Ordnungsstrukturen herausgefordert, lautet eine der zentralen Thesen des Buchs. „In der Sekunde des Spiels sind alle gleich“, führte Meier vor Augen. In der Bedeutung von Gleichheit und Freiheit als Spielprinzipien aber schwebe stets eine latente, subversive Gefahr für Staat und Religion mit. Die zufällige Auswahl von Gewinnern und Verlierern im Spiel entziehe sich staatlicher Kontrolle. Auch religiösen, leistungsethischen und pädagogischen Vorstellungen sei das Spiel mit dem Zufall zuwider gelaufen, weil hier weder Sittlichkeit noch Fleiß eine Rolle spielten. Vor diesem Hintergrund sei die Regulierung von Gewinnspielen schon immer auch Kampfplatz von Ideologien, Moralvorstellungen und Machtinteressen gewesen.

Pathologisierung der Spielfreude und Spielen als soziale Auszeit

Gegenwärtig erlebten wir, so die Autoren, dass die gesundheitspolitische Perspektive den Diskurs eindeutig dominiert. Dass die Spielfreude pathologisiert werde. Dass Spaß am Spiel und der Nervenkitzel des ungewissen Ausgangs, des Zufalls, keine Rolle mehr spielten. Genau darin aber liegt Henzgen und Meier zufolge die Faszination des Gewinnspiels im sonst durchgetakteten Alltag. Denn wer die Welt des Spiels betritt, verlasse die soziale Welt der gesellschaftlichen Normen, der Hierarchien, Gesetze und Tabus. „Glücksspiel ermöglicht eine Auszeit von den Regeln, mit denen wir unsere Gesellschaft organisieren. Wir leben in einer sehr durchstrukturierten Welt, in der alles vorgegeben ist, es kaum Freiraum gibt für individuelle Entfaltung. Das Glücksspiel stellt eine Option dar, aus dieser Gleichförmigkeit auszubrechen“, erläuterte Henzgen.

Spiel und individuelle Freiheit

Zum politischen Plädoyer wird das Buch spätestens bei der Fragestellung nach der gelebten Freiheit jedes einzelnen Menschen und inwiefern der staatliche Umgang mit dem Spiel ein Maßstab für eine – oder eben keine – freiheitliche, demokratische Gesellschaftsordnung ist. Aktuell machen die Autoren eine regressive Entwicklung im staatlichen Umgang mit Gewinnspiel aus, hin zu einem „zunehmend paternalistischen Menschen- und Gesellschaftsbild“. Jeder Mensch aber habe das Recht, betonten Henzgen und Meier, seine Freizeit nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, ohne pathologisiert und paternalisiert zu werden. Das Buch eröffne hier Möglichkeiten, aus der Vergangenheit zu lernen und will neue Denkanstöße geben.

„Der Mensch, das Spiel und der Zufall“ ist im Springer Wissenschaftsverlag erschienen. Der Wirtschafts- und promovierte Politikwissenschaftler Dr. Daniel Henzgen ist Geschäftsführer Kommunikation & Compliance bei Löwen Entertainment. Dominik Meier, Inhaber von Miller & Meier Consulting, ist Herausgeber des Online-Magazins Freiheit | Macht | Politik. Die Buchvorstellung in Berlin wird auch eines der Themen der kommenden Ausgabe von games & business sein. Hier gibt’s alle Informationen zu unserem gratis Probeabo.

Bilder: © Alexander Rentsch