Bremen: „Wir werden vernichtet“

„Wir werden nicht reguliert, sondern vernichtet.“ Klare Worte von Detlev Graß (Foto), Vorsitzender des Nordwestdeutschen Automatenverbands (NAV), im Interview mit dem Bremer Regionalmagazin buten un binnen. Anlass des Interviews sind die ab dem 1. Juli geltenden schärferen Regeln für Spielhallen und Wettbüros in der Hansestadt. Von ursprünglich 250 Metern wird der Mindestabstand ab Juli auf 500 Meter erhöht. Der gleiche Mindestabstand gilt erstmals auch zwischen Spielhallen und Wettvermittlungsstellen. Auch gilt fortan ein Mindestabstand von 500 Metern zu Schulen. Das Mindestalter zum Betreten der Betriebe wurde bereits letztes Jahr von 18 auf 21 Jahre angehoben. Von bislang rund 120 Spielhallen in Bremen bleiben mit den neuen Regeln nach Darstellung des Regionalmagazins nur noch schätzungsweise 30 übrig. Ein Kahlschlag – bis zu 700 Mitarbeiter müssten gehen.

Abstandsregeln und Hängepartie

Es sind vor allem die neuen Abstandsregeln, die sich Graß zufolge katastrophal auf die Automatenbranche auswirken: „Es gibt einen vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Wettvermittlungsstellen und zusätzlich noch einen zu Schulen. Das ist in einem Stadtstaat wie Bremen, wo alle 500 Meter eine Schule ist, das größte Problem, das wir haben. Es gilt nämlich nicht nur für bildende Schulen, sondern auch für Kochschulen, Pflegeschulen, medizinische Schulen – alle Schulen.“

Abwanderung in den Schwarzmarkt

Laut Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sollen die strengen Regeln helfen, Spielsucht zu verhindern: „Die verschärften Abstandsregeln werden dazu beitragen, dass sich die Konzentration von Spielstätten gerade auch in benachteiligten Stadtteilen auf ein Minimum reduzieren wird. In den benachteiligten Stadtteilen finden sich, übrigens bundesweit feststellbar, die meisten Spielhallen und Wettvermittlungsstellen. Denn dort, wo ohnehin schon die Arbeitslosigkeit höher und das Einkommen niedriger ist, wo es Bildungs- und Integrationsdefizite gibt, da ist das Risiko, dem Glücksspiel zu verfallen, laut vieler Studien leider besonders hoch.“

Diesen Ansatz hält Graß für einen Irrglauben. Durch den Abbau des legalen Spiels sieht er vielmehr eine erhebliche Schwächung des Spielerschutzes. Spieler wanderten in den Schwarzmarkt ab: „Das illegale Spiel profitiert davon. Das erleben wir auch in Bremen, dass das explodiert. Aber das wird von der Politik ignoriert. Man drischt auf das legale Glücksspiel ein und vergisst, dass das Online-Gaming freigegeben ist. Jeder trägt heute sein Glücksspiel in der Hosentasche. Legale Spielhallen bieten einen hohen qualitativen Standard. Wir machen viel für Spielerschutz, etwa Jugendschutz und eine Sperrdatenbank.“

Die Gerichte entscheiden

Viel Hoffnung auf eine politische Verbesserung der Situation hat Graß nicht: „Wir konnten die Bremer Politik nicht überzeugen. Die geht einen falschen Weg. Die Illegalität wird uns überrollen.“ Das Schicksal des legalen Glücksspielmarkts in Bremen liegt in den Händen der Gerichte: „Wir haben von unserer Firma eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Und wir und viele andere haben Eilverfahren bei der Stadt Bremen eingereicht, mehr als 50 sind vergangene Woche rausgegangen.“