Manfred Schlösser

Never Ending Story

Meine erste Verbandssitzung in der Automatenwirtschaft datiert aus dem Jahr 1982. Und was war der zeitlich anspruchsvollste Punkt der Tagesordnung: Die Vergnügungssteuer. In den achtziger Jahren wurde die Steuer wieder deutlich belebt, nachdem sie vielerorts fast in Vergessenheit geraten war. Verständlich, denn über drei Jahrhunderte hatte diese Steuer einen wahren Zickzack-Kurs hingelegt. Anfangs waren es öffentliche Schaustellungen auf Jahrmärkten, die man eindämmen wollte, später kam Tanzgroschen und Glücksspiel hinzu, noch später dann Steuern auf Filmvorführungen in Kinos – nicht umsonst hieß die Steuer lange Zeit „Lustbarkeitssteuer“. Das einfache Volk sollte arbeiten und sich nicht in lustvollen Ablenkungen ergehen. Bei der Vergnügungssteuer auf Spielautomaten bezog sich die Lenkungsfunktion in den Achtzigern auch auf städtebauliche Gründe und später verstärkt auf die Bekämpfung der Lust am Spiel. 

Das städtebauliche Argument hat die Branche schon Ende der achtziger Jahre selbst massiv in Angriff genommen und gegengesteuert. In allen Verbänden war das Thema auf der Tagesordnung. Es gab Musterfassaden, Wettbewerbe und hochgelobte Vorbilder. Heute hat sich der Trading- Down-Effekt, den man Spielhallen in Innenstädten vorwarf, längst in Richtung Leerstand gewandelt. Oft wäre man froh, würde eine schicke Spielstätte mit attraktiver Fassade einziehen und das Straßenbild beleben. Das „Flipp Inn“ von Peter Schmid in Bad Wimpfen war so eine Vorzeigehalle. Eine „Halle“, die sehr schön ins Stadtbild der mittelalterlichen Kurstadt passte – und die einzige Spielstätte bei 7.600 Einwohnern. Nach 52 Jahren gibt es sie jetzt nicht mehr. Besonders traurig, denn es war die erste im Unternehmen von Peter Schmid und wurde auch deshalb trotz schmaler Ergebnisse so lange von ihm gehalten. Die 8 Geräte im kleinen „Flipp Inn“ bringen der Stadt nun gar keine Steuern mehr. Auch in mehreren Gaststätten wurden Geräte abgebaut. Wen wundert’s, wenn die Vergnügungssteuer auf 23 Prozent angehoben wurde und dies mit der Anmerkung im kommenden Jahr wolle man auf 24 und dann auf 25 Prozent erhöhen.

Argument Stadtbild in Bad Wimpfen völlig daneben. Argument Spielsucht bei 8 Geräten auf 7.600 Einwohner ist sicher selbst für Suchtpäpste mehr als lachhaft. Kommt die Frage auf, wie man dem Glücksspielstaatsvertrag in Bad Wimpfen gerecht werden will, wenn es gilt das Glücksspiel in legale, geregelte und geschützte Bahnen zu lenken. Ein gutes Argument der Branche. Wo nichts Legales mehr ist, kann auch nicht mehr geregelt und geschützt werden. Wie lange wird es in Bad Wimpfen dauern, bis in Hinterzimmern, in schrägen Kneipen, oder gar in Wohnungen organisierte, illegale Spiele gespielt werden? Spätestens seit Professor Tim Lohse es ausgerechnet hat, weiß man, dass eine Erhöhung der Vergnügungssteuer von 2 Prozent in der Regel zum Abbau von 13 Spielgeräten führt. Das hat die Branche auch in Bad Wimpfen vorgetragen. Interessierte nicht, auch der Konflikt mit dem Glücksspielstaatsvertrag interessierte nicht. Der rasante Anstieg des illegalen Spiels (hierzu auch Seite 32/33) interessierte nicht. Da schwillt einem die Halsschlagader. 

Weit über 40 Jahre „Never Ending Story“. Ich kann alle nur bewundern und ermutigen, den Kampf gegen diese, wie nannte Manfred Stoffers sie „Geißel der Menschheit“, weiterzuführen. Bad Wimpfen darf sich nicht wiederholen. 

Manfred Schlösser
Verleger games & business
schloesser@gamesundbusiness.de

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